Ein gutes Omen

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Pratchett Fans dieses Buch nicht kennen, dabei ist es meiner meinung nach eines der besten Bücher von ihm.

Hier einmal ein paar Highlights daraus.

 

Dämonische Anweisungen zur Pflanzenpflege


Crowley widmete seine Aufmerksamkeit in erster Linie den Pflanzen in seiner Londoner Wohnung. Sie waren groß, grün und prächtig und hatten gesund glänzende Blätter.
Dafür gab es einen guten Grund. Einmal in der Woche nahm Crowley einen Zerstäuber, besprühte die Blätter und sprach mit seinen Pflanzen.
Er hatte irgendwann in den siebziger Jahren während einer Radiosendung ('Wie man mit einem Kaktus Freundschaft schließt') davon erfahren, wie nützlich es sei, mit Pflanzen zu sprechen. Obgleich hier erwähnt werden muß, daß sich Crowley nicht darauf beschränkte, mit seiner häuslichen Fauna zu plaudern.
Er zog es vor, ihr einen gehörigen Schrecken einzujagen.
Mit anderen Worten, er drohte seinen Pflanzen.
Alle zwei Monate wählte er eine aus, die zu langsam wuchs oder sich die Freiheit nahm, langsam zu verwelken. Manchmal genügte es auch, daß sie nicht ganz so gut aussah wie die anderen. Nun, er trug sie herum, zeigte sie den anderen Pflanzen und sagte: "Verabschiedet euch von eurem Freund. Ihr wißt ja, daß ich keinen Ungehorsam dulde..."
Dann verließ er die Wohnung mit dem aufsässigen Gewächs, kehrte eine halbe Stunde später zurück und stellte einen leeren mahnenden Blumentopf ins Wohnzimmer.
Crowleys Pflanzen waren die grünsten und schönsten in ganz London. Und sie fürchteten sich die ganze Zeit über.
[...]

Die Ewigkeit

Der Dämon Crowley versucht dem Engel Erziraphael zu erklären, was es bedeuten würde, wenn das Ende der Welt kommt und das Gute endgültig über das Böse siegen würde.
(Beide befinden sich in nicht ganz nüchternem Zustand) ...

[...]
"Denk nur mal darüber nach", fuhr Crowley erbarmungslos fort. "Weißt du eigentlich, wasch die Ewigkeit bedeutet? Weißt du wirklich, wasch sie bedeutet? Ich meine, hast du einen Vorstellung davon, wasch die Ewigkeit is'? Nun, am Ende des Universums gibt es einen Berg, mehr alsch eine Meile hoch. Und einmal in tausend Jahren kommt da dieser kleine Vogel ..."
"Was fün'n kleiner Vogel?" fragte Erziraphael argwöhnisch.
"Der kleine Vogel, von dem ich schpreche. Jeweils einmal in tausend Jahren fliegt er zum Berg und ..."
"Meins' du den gleichen Vogel?"
Crowley zögerte. "Ja, ich glaube schon", bestätigte er.
"Muß ein ziemlich alter Vogel sein", murmelte der Engel.
"Jeweils einmal in tausend Jahren fliegt ..."
" ... humpelt ..."
"...fliegt er zum Berg und schärft dort seinen Schnabel ..."
"He, einen Augenblick mal! Das is' völlig unmöglich. Zwischen hier und dem Ende des Universums gibt's jede Menge ..."
Der Engel gestikulierte ausladend und ein wenig unsicher. "Gibt's jede Menge ... Äh, die Entfernung isses ziemlich groß."
"Trotzdem erreicht der kleine Vogel sein Ziel", behauptete Crowley.
"Wie?"
"Darauf kommt es doch gar nicht an!"
"Vielleicht benutzt er ein Raumschiff", überlegte Erziraphael laut.
Crowley seufzte. "Meinetwegen", sagte er. "Wenn du unbedingt willst. Nun der kleine Vogel ..."
"Allerdings schprechen wir hier vom Ende des Universums", wandte der Engel ein. "Also müsset es eins von den Raumschiffen sein, in denen eine Generation auf die andere folgt und irgendwelche Nachkommen am Ziel eintreffen. Es bleibet einem also gar nichts anderes übrig, als die Söhne und Töchter zu ins... zu inschtr ... als ihnen zu schagen: He, hört mal, wenn ihr beim Berge seid ..." Erziraphael zögerte. "Was sollen sie am Berg machen?"
"Der Vogel schärft seinen Schnabel an dem Berg", erklärte Crowley. "Und anschließend fliegt er zurück..."
"Mit dem Raumschiff."
"Nach tausend Jahren macht er sich erneut auf den Weg", fuhr Crowley fort. "Und nach zweitausend Jahren noch einmal. Und so weiter."
Einige Sekunden herrschte trunkene Stille.
"Scheint mir ziemlich viel Mühe zu sein." Erziraphael schürzte skeptisch die Lippen." Nur um einen Schnabel zu schärfen ..."
"Hör mal", brummte Crowley, "es isch eine Metaffer. Wenn der kleine Vogel den ganzen Berg abgewetzt hat, nun, äh ..."
Erziraphael öffnete den Mund. Crowley wußte, daß ihn der Engel auf die unterschiedliche Härte zwischen Vogelschnäbeln und dem ordentlich festen Granit eines Berges hinweisen wollte, und deshalb brachte er seinen Satz hastig zu Ende.
"... dann ist für dich die Zeit immer noch nicht vorbei, daß du den Sphärenklängen lauschen mußt."
Erziraphael erstarrte.
[...]
[Aus : "Ein gutes Omen" von Terry Pratchett und Neil Gaiman]